Der Deutschlandtakt bringt neben dem Schienenpersonenverkehr auch den Schienengüterverkehr voran, indem die Kapazitäten und die Effizienz im Schienennetz gesteigert werden und die Infrastruktur passgenau für den Zielfahrplan ausgebaut wird. Erklärtes Ziel: Bis 2030 sollen 25 Prozent des gesamten Güterverkehrs auf der Schiene stattfinden – zurzeit liegt der Marktanteil bei rund 19 Prozent. Allein im vergangenen Jahr wurden über 320 Millionen Tonnen Güter per Eisenbahn transportiert. Doch was ist eigentlich alles in den Waggons unterwegs? Ein Blick in die Güterzüge dreier Unternehmen.
Züge optimiert einsetzen, Gleisbelegung effizienter machen und zukünftige Fahrpläne für den wachsenden Schienengüterverkehr systematisieren: Der Transport von Gütern per Schiene soll zukünftig noch attraktiver werden. Der Deutschlandtakt macht dies möglich, indem er für mehr Kapazitäten im Netz, für mehr Planbarkeit und mehr Zuverlässigkeit sorgt.
Das befürwortet auch die VTG Aktiengesellschaft (VTG; abgeleitet aus: Vereinigte Tanklager und Transportmittel GmbH). Mit seinem Eisenbahnverkehrs- und Logistikunternehmen transportiert das internationale Unternehmen pro Jahr rund 14,4 Millionen Tonnenkilometer. Von Flüssig- (Mineralöl, Kraftstoffe, Chemikalien) über Industriegüter (Stahlplatten, Baustoffe, REA-Gips, Holz) bis hin zu Lebensmitteln (Getreide, Zucker) überführt das in Hamburg ansässige Unternehmen Güter aller Art. „Für den Warentransport auf der Schiene gibt es wenig Grenzen“, sagt Thomas Dittmann, Head of Product traigo.com bei VTG.
Das Unternehmen verfügt über den größten Wagenpool von Flüssiggas-Kesselwagen in ganz Europa. Pro Woche sind bis zu 120 Ganzzüge des eigenen Eisenbahnverkehrsunternehmens (EVU) quer durch Europa unterwegs. Ganzzüge bedeutet, dass die Fahrzeuge durchgehend vom Start bis zum Zielbahnhof für einen Absender beziehungsweise Empfänger unterwegs sind. Vor allem Massengüter wie Kies oder Mineralöl werden per Ganzzug überführt.
Von den ARA-Häfen (Antwerpen, Rotterdam, Amsterdam) aus werden die Güter gen Osten transportiert. Vor allem in Polen, Rumänien, der Slowakei und in Tschechien sind viele Kunden von VTG ansässig. Der Vorteil des Schienengütertransports habe vor allem ökologische Gründe. „Auf der Schiene wird wahnsinnig viel CO2 eingespart. Dabei setzen wir auch stark auf den kombinierten Verkehr und wollen diesen aktiv vorantreiben“, so Dittmann.
Was es dafür braucht? Klare Antwort: Gleisanschlüsse. Noch immer gäbe es zu wenig Zugang zur Schiene beziehungsweise Ladestellen wie Containerterminals oder Pipelines. Einen wachsenden Markt sieht er in dem Transport alternativer Kraftstoffe wie Wasserstoff oder fortschrittlicher synthetischer Kraftstoffe.
Zusammenwachsen in Europa
Für die Zukunft wünsche er sich ein Zusammenwachsen und die Vereinheitlichung der europäischen Schienensysteme, um weiterhin konkurrenzfähig zu sein. „Es gibt ein großes Potenzial, mehr Lkw-Trailer auf die Schiene zu verlagern. Dafür braucht es mehr kranbare Trailer. Aktuell lassen sich in Europa nur rund fünf Prozent mit dem Kran bewegen“, sagt Dittmann. Ein weiterer Punkt ist die Weiterentwicklung der Digitalisierung im Schienengüterverkehr. Das würde laut Dittmann Prozesse weiter verschlanken, die Effizienz erhöhen und deutlich Strom sparen.
Apropos ressourcenschonend: Auch beim Bochumer Schienengüterunternehmen Hector Rail GmbH sind die Loks komplett mit elektrischem Antrieb unterwegs. Sie werden mit Strom aus Wasserkraft angetrieben, die Umweltbelastung ist daher sehr gering. „Ein Faktor, der in den vergangenen Jahren auch für die Kunden immer wichtiger wurde“, so Geschäftsführer Stig Kyster-Hansen.
Das Unternehmen ist nicht auf bestimmte Marktsegmente oder Güterarten spezialisiert. „Wir bieten vor allem Traktionsleistungen an. Also die Organisation und Bereitstellung des Zuges und des Lokführers, der diesen fährt. Hier bestimmt der Kunde, welche Güter wir von A nach B fahren sollen“, erklärt Kyster-Hansen. Mit ihren Ganzzügen bringen sie vor allem Industriegüter wie Kohle, Stahl, Mineralöle oder Automobilteile auf die Schiene. Verstärkt ist Hector Rail im intermodalen Verkehr unterwegs. In diesem Bereich sieht der Hector-Rail-Chef auch zukünftig das größte Wachstum in der Schienenbranche.
Anstieg im intermodalen Verkehr
Wöchentlich transportiert Hector Rail in über 100 Zügen mehr als 3.000 Lkw-Ladungen. Die gestiegene Nachfrage im Schienengüterverkehr merkt das Unternehmen deutlich. „Wir sind ursprünglich eine schwedische Firma. In Deutschland haben wir uns bis 2017 vor allem auf Verkehre in Richtung des Ruhrgebietes konzentriert. Heute fahren wir komplett durch das Bundesgebiet – und auch darüber hinaus“, so Kyster-Hansen weiter. Auch wenn das Wachstum im Güterverkehr bereits deutlich spürbar sei, die Konkurrenz und der Wettbewerb mit der Straße seien es ebenso. Trassenpreise stünden der vergleichsweise geringen Autobahn-Maut gegenüber. Zudem biete die Schiene einen großen Vorteil in Sachen Sicherheit: „Auf der Schiene passieren deutlich weniger Unfälle.“
Investition in die Infrastruktur
Insbesondere in Mitteldeutschland befährt Flex Bahndienstleistungen GmbH mit seinen Ganzzügen und Wagengruppen das Eisenbahnnetz. Haupteinsatzgebiet ist dabei das Rangiergeschäft. Die Leipziger haben sich auf Verkehr der „letzten Meile“ spezialisiert. Also überall da, wo Züge beispielsweise zum Ver- und Entlader müssen, unterstützt das Unternehmen mit seinen Rangierleistungen. Pro Woche liefern sie circa 10.000 Tonnen Güter an ihre Kunden. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Holz, Agrargüter oder Automobilteile. „Für die Zukunft muss ein leistungsfähiges Netz geschaffen werden, auch um die politischen Ziele zu erreichen und Anteile am Modal Split zu verdoppeln“, sagt Geschäftsführer Jan Habraneck.
Vor allem die Verfügbarkeit der Infrastruktur sei ausbaufähig. „Es gibt zu wenig Gleise für zu viele Züge“, bekräftigt Habraneck. Die fehlenden Kapazitäten führten dazu, dass die Betriebsabläufe genauestens abgestimmt werden müssen. „Sonst entstehen schnell Verspätungen, die dann für mögliche Unzufriedenheit bei Kunden sorgen.“ Deshalb befürwortet der Leipziger den nötigen Anlagenausbau.
Um einen starken Güterverkehr zukunftsfähig zu machen, braucht es eine nötige Weiterentwicklung der Schieneninfrastruktur, die im Rahmen des Deutschlandtakts entsprechend der prognostizierten Verkehrsleistung bedarfsgerecht geplant und ausgebaut werden soll. Vielfältige Branchen setzen schon heute auf den Transport per Zug. Dafür sprechen die zahlreichen Vorteile wie geringere Umweltbelastung, mehr Sicherheit oder ein geringerer Platzverbrauch. Dass Güter bald noch günstiger und schneller am Ziel ankommen, ermöglicht zukünftig das verbesserte und zuverlässige Kapazitätsmanagement. Denn mit dem Zielfahrplan für den Deutschlandtakt werden erstmals Trassen für den Schienengüterverkehr innerhalb des Taktgefüges des Schienenpersonenverkehrs systematisch berücksichtigt. Das ermöglicht einerseits eine bestmögliche Nutzung der Infrastruktur. Andererseits profitieren vor allem die Schienengüterverkehrsunternehmen von mehr Planbarkeit in den Betriebsabläufen. Der Schienengüterverkehr macht einen entscheidenden Schritt nach vorn – dank des Deutschlandtakts.