Unauffällig und doch unverzichtbar - Drehscheiben und Korridore im Schienengüterverkehr verbinden Deutschlands Wirtschaft mit ganz Europa. Die wichtigsten Knotenpunkte zwischen Nordsee und Alpen und welche Rolle der Deutschlandtakt für den Transport auf der Schiene hat.
Täglich verlassen sich die Menschen in Deutschland auf den Schienengüterverkehr – oft ohne es zu wissen. Unauffällig sorgt er dafür, dass Waren und Güter zuverlässig ihr Ziel erreichen und so die Wirtschaft und der Alltag in Deutschland am Laufen bleiben. Herzstück dieses Systems sind die Drehscheiben und Korridore. Ein Überblick über einige der wichtigsten Orte für den Güterverkehr auf der Schiene:
In Rangierbahnhöfen werden Güterzüge getrennt und neu zusammengestellt, damit die Güterwagen anschließend zu ihren Zielbahnhöfen gelangen. Einer dieser Orte ist der Rangierbahnhof Maschen. Hoch im Norden spielt er eine entscheidende Rolle im deutschen Schienengüterverkehrsnetz: Als größter Rangierbahnhof Europas wickelt er einen großen Teil des Güterverkehrs aus dem Hamburger Hafen ab. Gleichzeitig dient er als Knotenpunkt für internationale Verbindungen, insbesondere nach Skandinavien. Täglich werden hier bis zu hundert ankommende und abgehende Güterzüge mit einer Kapazität von bis zu 4.000 Waggons abgefertigt.
Der Rangierbahnhof Halle (Saale) überzeugt durch seine moderne Anlage. Seine 36 Richtungsgleise und die innovative Zugbildungstechnik ermöglichen eine effiziente Zusammenstellung von Güterzügen. Bis zu 2.400 Waggons können so täglich für den Weitertransport zu ihren Zielen in Europa vorbereitet werden. Zwei elektronische Stellwerke steuern den Betrieb: Eines regelt die Zugfahrten in und aus dem Rangierbahnhof, das zweite steuert vollautomatisch den Ablaufbetrieb. Zahlreiche Unternehmen der Region, darunter Automobil-, Chemie-, Bau- und Stahlunternehmen, nutzen den Rangierbahnhof für ihren Gütertransport ins In- und Ausland, um ihre Güter auf die Schiene zu bringen.
Mit der Fertigstellung des Ostkorridors wird die Bedeutung von Halle (Saale) für den Schienengüterverkehr weiter zunehmen: Als eine der modernsten europäischen Zugbildungsanlagen wird sie künftig zur zentralen Drehscheibe für den Güterverkehr zwischen den deutschen Seehäfen und Ost- bzw. Südeuropa.
Das Terminal Köln Eifeltor im Westen Deutschlands zählt zu den wichtigsten Umschlaganlagen für den Kombinierten Verkehr in Europa. Es verfügt neben der Schienenanbindung an den Rhein–Alpen-Korridor über einen direkten Anschluss an die Autobahn A4 – so können Güter möglichst effizient zwischen Straße und Schiene wechseln.
Wöchentlich starten oder enden hier rund hundert nationale und internationale Güterzüge, die Deutschland mit wichtigen Wirtschaftszentren in Italien und Spanien verbinden. Möglich wird das durch acht riesige Kräne, die sich auf Schienen bewegen – sogenannte Portalkräne. Diese laden Container rund um die Uhr zwischen Zügen und Lkw um. Die Anlage ist fast durchgehend in Betrieb.
Ebenfalls wichtig für den Kombinierten Güterverkehr zwischen Deutschland, Italien und weiteren Nachbarländern: das Terminal München-Riem. Auf vierzehn Umschlaggleisen werden hier mithilfe von sechs Portalkränen und zwei mobilen Kränen jährlich bis zu 330.000 Ladeeinheiten für den Weitertransport umgeschlagen. Das Terminal ist an die wichtigsten Schienenhauptstrecken angebunden. Der direkte Anschluss an die Autobahn A94 und die Lage am Autobahnkreuz München-Ost machen das Terminal auch für den Lkw-Verkehr gut erreichbar.
Das Kombi-Terminal Ludwigshafen (KTL) liegt in direkter Nachbarschaft zum Werksgelände des Chemiekonzerns BASF. Mit einer Fläche von 260.000 Quadratmetern zählt es zu den größten Binnenterminals in Deutschland. Das entspricht etwa der Größe von 36 Fußballfeldern. Am KTL werden jährlich bis zu 370.000 Ladeeinheiten an eingehenden Rohstoffen und ausgehenden Produkten von BASF umgeschlagen. Acht Portalkräne ermöglichen den Umschlag im Kombinierten Verkehr zwischen Lkw und Güterzügen. Durch die Anbindung ans Schienennetz verbindet das Terminal das Werk in Ludwigshafen mit anderen BASF-Standorten.
Korridore: Die Lebensadern des Schienengüterverkehrs
Für einen effizienten Gütertransport durch Europa benötigt der deutsche Schienengüterverkehr neben leistungsfähigen Knotenpunkten ein gut ausgebautes Netz internationaler Verkehrsachsen. Drei große europäische Güterverkehrskorridore spielen dabei eine zentrale Rolle: der Korridor Nordsee–Rhein–Mittelmeer, der Korridor Skandinavien–Mittelmeer und der zentrale Korridor Nordsee–Ostsee. Sie verbinden als wichtige Güterverkehrsachsen zentrale Industriezentren in Europa.
Der Deutschlandtakt sieht nicht nur häufigere Verbindungen für den Personenverkehr vor, sondern auch feste Kapazitäten und Zeitfenster für Güterzüge sowie die Planung von Systemtrassen. Kim-Oliver Engelbach, Leiter Strategischer Fahrplan und Kapazitätsmanagement bei der DB InfraGO AG, dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen der Deutschen Bahn AG: „Auch für den Güterverkehr sind attraktive Kapazitäten vorgesehen.“ Das Ziel: die Strecken besser auszulasten, die Transportzeiten zu verkürzen und den Schienengüterverkehr insgesamt attraktiver zu gestalten.
Im Rahmen des Deutschlandtakts soll künftig eine vierte Güterverkehrsmagistrale entstehen: Der sogenannte Ostkorridor, eine innerdeutsche Verkehrsverbindung, wird künftig den Verkehr von Hamburg über Mitteldeutschland und Ostbayern in die Tschechische Republik, nach Österreich und in die Slowakei führen. Damit werden neue Kapazitäten geschaffen, mit denen insbesondere der europäische Korridor Rhein–Donau entlastet wird – das reduziert Wartezeiten und ermöglicht, dass in Zukunft noch mehr Güter umweltfreundlich auf der Schiene transportiert werden können.
Die Zukunft des Güterverkehrs
Ein weiterer Zukunftsfaktor: der geplante flächendeckende Einsatz von 740 Meter langen Güterzügen. Diese neuen Standardzüge sind länger als die bisher in Deutschland üblichen Güterzüge. Das sei „zentral für einen wirtschaftlichen Schienengüterverkehr“, betont Oliver Wolff vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Diese Züge können deutlich mehr Güter transportieren und machen den Schienengüterverkehr damit effizienter – und auch umweltfreundlicher: Denn er verursacht rund 80 Prozent weniger CO₂-Emissionen als der Transport auf der Straße. So wird der Schienengüterverkehr in Zukunft einen immer wichtigeren Beitrag leisten für die Wirtschaft, die Umwelt und für den Alltag der Menschen in Deutschland und Europa.
Titelbild: Rangierbahnhof Maschen. Quelle: Deutsche Bahn AG / Oliver Lang